Torsten Herbst

Bundesregierung ignoriert weiter Staatsvertrag zur Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden - Görlitz

Die Bahn-Neubaustrecke zwischen Dresden und Prag sowie Ausbau und Elektrifizierung der Strecke zwischen Chemnitz und Leipzig werden in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans hochgestuft. Das hat das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur heute bekannt gegeben. Die Bahnstrecke zwischen Dresden und Görlitz wird nach Angaben des Ministeriums nicht in den vordringlichen Bedarf aufsteigen. Finanzierung und Umsetzung des Projekts sind damit weiter ungeklärt. Dazu erklärt der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete und Obmann im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, Torsten Herbst:

„Die Hochstufung der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke zwischen Chemnitz und Leipzig sowie der Neubaustrecke von Dresden bis Prag im Bundesverkehrswegeplan sind überfällig und klar zu begrüßen. Leider wird die Elektrifizierung der Strecke Dresden - Görlitz durch die Bundesregierung weiter vernachlässigt. Und das obwohl sich Deutschland bereits in einem Staatsvertrag mit Polen schon vor Jahren zur Elektrifizierung bis Görlitz verpflichtet hatte. Gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um eine höhere Attraktivität der Lausitz ist das nicht akzeptabel. Die sächsische Staatsregierung hat offensichtlich keinen wirklichen Einfluss auf Bundesebene.

Jetzt steht weiter in den Sternen, wann die grenzübergreifende Verbindung zwischen Dresden und Breslau auf sächsischer Seite elektrifiziert sein wird. Es ist für Sachsen und Deutschland peinlich, dass die Strecke auf polnischer Seite bis Ende 2019 komplett mit Fahrdraht ausgestattet sein wird, während auf deutscher Seite weiter nur Dieselzüge verkehren. Für mögliche Fernverkehrsangebote auf der Ost-West-Achse bleibt die Strecke damit unattraktiv. Das kann nicht der Anspruch der deutschen Verkehrspolitik sein. Der Verweis des Bundesverkehrsministeriums auf eine Prüfung und mögliche Aufnahme der Elektrifizierung Dresden – Görlitz in das finanziell schlecht ausgestattete Sonderelektrifizierungsprogramm des Bundes ist keine Lösung.

Gebetsmühlenartig wiederholt die Bundesregierung, dass der Schiene die Zukunft gehöre. Die Fahrgastzahlen sollen laut Regierung bis 2030 verdoppelt werden. Doch wenn es um den zügigen Ausbau der Infrastruktur geht, passiert viel zu wenig. Die unzureichende Infrastruktur ist der Flaschenhals für eine bessere Leistungsfähigkeit der Bahn.“

Hintergrund:

Der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) ist das zentrale Planungsinstrument für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes. Aus ihm gehen die konkreten Bedarfspläne der drei Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße hervor. Neben den Dringlichkeitskategorien „vordringlicher Bedarf“ und „weiterer Bedarf“ wurde im zugehörigen Schienenwegeausbaugesetz die Bedarfskategorie des „potenziellen Bedarfs“ angelegt, in denen sämtliche Schieneninfrastrukturprojekte aufgenommen worden sind. Die Nutzen-Kosten-Untersuchungen für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Projekte waren zur Zeit der Verabschiedung des BVWP noch nicht abgeschlossen.

Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung beschlossen, diese Bewertungen bis zum dritten Quartal 2018 nachzuholen. Diese Bewertung der Projekte wurde nun mit Verspätung veröffentlicht. Die Bundesregierung hat angekündigt, zu prüfen, ob ein Ausbau der Strecke zwischen Dresden und Görlitz im Kontext des neuen Elektrifizierungsprogramms des Bundes möglich sein wird.